Programm

Das Programm gliedert sich inhaltlich in die Themenblöcke Koloniales Erbe, Flucht und Migration, Institutioneller Rassismus und Aktuelle EU-Flüchtlingspolitik. Aus diesen könnt Ihr jeweils Veranstaltungen für Eure Teilnahme auswählen. Außerdem gibt es zwei Empowerment-Workshops für diejenigen von Euch mit Rassismuserfahrung.

Bitte meldet Euch für die gewünschten Veranstaltungen über das Formular bzw. info@eiev.de an. Rechtzeitig vor Beginn der gebuchten Vorträge und Workshops senden wir Euch die Links für den Zugang zu den virtuellen Räumen per E-Mail zu. Bitte checkt auch Eure Spam-Ordner!
Ausführliche Infos zu den Veranstaltungen findet Ihr im Folgenden:

Koloniales Erbe

Los geht es mit zwei Veranstaltungen, die sich mit der Frage befassen, wo die historischen Ursprünge für strukturell verankertes rassistisches Denken und Verhalten in unserer Gesellschaft liegen und wie sie diese bis heute prägen:

  • Freitag, 15. Januar 2021, 17–18.30 Uhr
    „Seelenlos, Gottlos, Ungläubig: Religiöse Andersheiten als Bestandteil des Rassismus seit 1492“

    Vortrag mit Prof. Dr. Manuela Boatcă (Universität Freiburg)

Die Eroberung Amerikas durch europäische Kolonialmächte war ein konstitutiver Akt für die Selbstdefinition Europas als christlich und westlich und für die spätere Vormachtstellung Europas im globalen Kapitalismus. Doch die Konstruktion der Neuen Welt als Erweiterung des christlichen Europas ging auch mit der Konstruktion negativer Bilder der Anderen in der Neuen Welt einher, die ihre Kolonisierung legitimieren sollten. Die Ansicht, dass die Versklavung der indigenen Völker legitim sei – das heißt, sie sei keine Sünde vor Gott, weil sie als „weniger als menschlich“ betrachtet wurden – wurde erstmals 1550 von Juan Ginés de Sepúlveda in der Debatte mit Bartolomé de las Casas artikuliert. Die amerindianischen Völker wurden damit nicht nur zu den ersten rassifizierten Subjekten der Moderne, sondern auch zu den ersten rechtmäßig ausbeutbaren Anderen. Mit der Christianisierung der indigenen Völker im kirchlichen Auftrag wurde die rassistische Logik, die „Völkern ohne Religion“ die Menschlichkeit verweigerte und infolgedessen ihre Versklavung legitimierte, auf andere außereuropäische Bevölkerungsgruppen, vor allem auf Afrikaner*innen südlich der Sahara, übertragen. Anhand der nach und nach entstandenen Hierarchien illustriert der Vortrag die Muster von Rassismus und religiöser Andersheit, die an der Schnittstelle von Christentum, Judentum und Islam entstanden sind und rassistische Stereotype bis in die heutige Zeit hinein prägen.

  • Samstag, 16. Januar 2021, 10.30–13 Uhr
    „Postkolonialer Stadtrundgang durch Leipzig mit Werkstattstation zur ‚Deutsch-Ostafrikanischen Ausstellung‘ 1897“

    Workshop mit Isabelle Reimann, Linda Schädlich und Ulrike Kirsch (AG Postkolonial Leipzig)

Auf diesem virtuellen Stadtrundgang wollen wir koloniale Spuren in Leipzig sichtbar machen. Dabei liegt der Fokus darauf, den Zusammenhang zwischen kolonialer Geschichte und den aktuellen Debatten um Rassismus, Migration und globaler Ungleichheit herauszustellen. Bei der Station „Clara-Zetkin Park“ werden wir anhalten und in die Tiefe gehen. Gemeinsam mit den Teilnehmenden möchten wir uns Fragen stellen, die uns für eine Aufarbeitung und Erinnerung an die „Deutsch-Ostafrikanische Ausstellung“ 1897 beschäftigen: Welche Funktion hatte die Ausstellung zur Legitimierung des deutschen Kolonialismus? Was benötigt eine rassismuskritische Aufarbeitung? Wie kann sensibel mit historischen Bildern umgegangen werden, die aus der Perspektive des weißen kolonialen Blicks gemacht wurden? Wie kann die Konstruktion von Weißsein sichtbar werden?

Achtung:
Der Workshop „Postkolonialer Stadtrundgang“ am 16.01. ist ausgebucht. Alle noch eingehenden Anmeldungen werden auf die Warteliste gesetzt. Wir danken Euch für Euer Verständnis!

Flucht und Migration

Warum fliehen Menschen? Die Gründe dafür sind häufig sehr komplex und nicht ohne tiefergehende Analyse zu erfassen. Dieser Themenblock beschäftigt sich mit den Auswirkungen von wirtschaftspolitischen Entscheidungen im globalen Norden auf das Alltagsleben im subsaharischen Afrika. Zudem liegt ein Fokus darauf, Handlungsmöglichkeiten sowohl von Menschen im globalen Süden als auch im globalen Norden für eine gerechtere Welt zu diskutieren.

  • Freitag, 22. Januar 2021, 1516.30 Uhr
    „Africa’s Indigenous Intellectual Wealth and the Region’s Accelerated Advancement“ (Afrikas indigener intellektueller Reichtum und der beschleunigte Fortschritt der Region)
    Vortrag mit Dr. Chika Ezeanya Esiobu

Many Africans work hard by investing time, energy and resources towards securing a better life for themselves and future generations. There is need to ensure that the energy Africans expended in search of advancement is channeled towards exploring the path to wealth creation and overall prosperity. Historically, nations and communities have thrived by exploring their own local knowledge and resources. Having secured that terrain, these nations are able to export and or import ideas in accordance with their local needs and aspirations. That has not been the case for many African countries South of the Sahara. This presentation tries to identify ways that Africans can focus on hatching their indigenous or local knowledge toward securing accelerated advancement for the region, across fields and sectors.

Viele Afrikaner*innen arbeiten hart, indem sie Zeit, Energie und Ressourcen investieren, um ein besseres Leben für sich und zukünftige Generationen zu sichern. Es muss sichergestellt werden, dass diese Energien dahingehend gelenkt werden, dass Afrikaner*innen sich allgemeinen Wohlstand erschaffen. In der Vergangenheit konnten sich Staaten und Gemeinschaften entfalten, indem sie sich auf ihr eigenes lokales Wissen und ihre Ressourcen besannen. Dadurch sind diese Länder in der Lage, Ideen zu exportieren oder zu importieren, die ihren lokalen Bedürfnissen und Bestrebungen entsprechen. Für viele afrikanische Länder südlich der Sahara trifft dies bis jetzt nicht zu. Daher versucht diese Präsentation, Wege aufzuzeigen, wie Afrikaner*innen sich darauf konzentrieren können, ihr einheimisches oder lokales Wissen zu pflegen. Ziel soll sein, einen beschleunigten Fortschritt für die Region in allen Bereichen und Sektoren zu sichern.

Der Vortrag von Dr. Chika Ezeanya Esiobu wird auf Englisch stattfinden. Wir werden für ihre Präsentation zwei Audiokanäle zur Verfügung stellen. So könnt Ihr auswählen, ob Ihr dem Vortrag im Original oder in einer deutschen Simultanübersetzung folgen wollt.

  • Samstag, 23. Januar 2021, 10.30–13 Uhr
    „Mystery Gold – Globale Zusammenhänge von Flucht, Migration und Konsumverhalten“

    Workshop mit Meriem Rouabah (SagArt Bildung e.V.)

Der Workshop beschäftigt sich mit Fluchtursachen im globalen Süden, die maßgeblich durch Konsum im globalen Norden mitbestimmt werden. Am Beispiel der Digitalisierung werden Probleme lokaler Ressourcenausbeutung, menschenunwürdiger Arbeitsbedingungen, Umwelteinflüsse und Kinderarbeit veranschaulicht sowie im globalen Kontext von Produktions-, Handels- und Konsumprozessen digitaler Endgeräte betrachtet. Schließlich sollen die Fallbeispiele als Ausgangspunkt für eine Diskussion um Chancen der Digitalisierung für eine verbesserte Bildungsgerechtigkeit dienen.

Achtung:
Der Workshop „Mystery Gold“ am 23.01. ist ausgebucht. Alle noch eingehenden Anmeldungen werden auf die Warteliste gesetzt. Wir danken Euch für Euer Verständnis!

Institutioneller Rassismus

Innerhalb dieses Themenblocks gehen wir davon aus, dass Rassismus nicht das Produkt einzelner Individuen ist, sondern ein gesamtgesellschaftliches, strukturell verankertes Problem darstellt. Wir lenken den Blick darauf, wie auf institutioneller Ebene Mechanismen von rassistischer Diskriminierung aufrechterhalten und gestärkt werden. Die Folgen für Betroffene zeigen sich etwa bei der Wohnungs- und Arbeitssuche, aber beispielsweise auch in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Justiz.

  • Montag, 25. Januar 2021, 16.30–18 Uhr
    „Rassismus in Schule und Gesellschaft“

    mit Prof. Dr. Karim Fereidooni (Ruhr-Universität Bochum)

In seinem Vortrag mit dem Titel „Rassismus in Schule und Gesellschaft“ geht Prof. Dr. Karim Fereidooni auf ausgewählte Ergebnisse seiner Dissertation mit dem Titel „Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen von Referendar*innen und Lehrer*innen ‚mit Migrationshintergrund‘“ ein. Im Fokus des Vortrags steht die folgende Frage: „Warum ist es nach wie vor schwierig über Rassismus(erfahrungen) in Gesellschaft und Schule zu sprechen?“

  • Donnerstag, 28. Januar 2021, 15–19 Uhr
    „Institutioneller Rassismus”

    Workshop mit Sanchita Basu und Johanna Mohrfeldt

Die Konfrontation mit rassistischen Vorurteilen und rassistischer Diskriminierung sind Alltag für nicht-weiße Jugendliche in Deutschland. Begünstigen die Strukturen einer Organisation oder einer Einrichtung systematisch diskriminierendes Handeln, haben wir es mit institutionellem Rassismus zu tun. Wir wollen in unserem Workshop darüber sprechen, in welchem theoretischen und praktischen Zusammenhang Rassismus und Diskriminierung stehen und auf welchen Ebenen Benachteiligung insbesondere in Institutionen organisiert ist. Anhand von Alltagsbeispielen werden wir Folgen von und Handlungsmöglichkeiten bei institutioneller rassistischer Diskriminierung diskutieren.

Achtung:
Der Workshop „Institutioneller Rassismus“ am 28.01. ist ausgebucht. Alle noch eingehenden Anmeldungen werden auf die Warteliste gesetzt. Wir danken Euch für Euer Verständnis!
  • Freitag, 29. Januar 2021, 16.30–19 Uhr
    „Lernen aus dem NSU-Komplex – aktiv gegen Rassismus und Neonazismus“

    Workshop mit Anna und Lisa (BiLaN – „Bildungsinitiative Lernen aus dem NSU-Komplex”)

Zwischen 2000 und 2007 wurden in Deutschland zehn Menschen von dem Neonazi-Terrornetzwerk „Nationalsozialistischer Untergrund” (NSU) ermordet, neun von ihnen aus rassistischen Gründen. Die Täter*innen wurden im Kreis der Angehörigen gesucht, obwohl viele von diesen bereits damals als Motiv für die Morde Rassismus vermuteten und entsprechende Hinweise gaben. Die Demos, die sie deswegen organisierten, wurden von einer größeren Öffentlichkeit nicht wahrgenommen. Stattdessen wurde erst 2011 mit der Selbstenttarnung des NSU für Viele das Ausmaß eines rechten Terrors in Deutschland deutlich. Im Workshop wollen wir den Fragen nachgehen, warum der NSU so lange morden konnte,  von den Sicherheitsbehörden nicht gestoppt wurde und wieso so viele offene Fragen der Angehörigen trotz diverser parlamentarischer Untersuchungsausschüsse und einem langen Gerichtsprozess immer noch nicht beantwortet sind. Dazu werden wir in unserem Workshop eine kurze Einführung in den NSU-Komplex geben und mit euch diese Punkte diskutieren.


Aktuelle EU-Flüchtlingspolitik

Im September 2020 stand das griechische Flüchtlingslager Moria, das zu diesem Zeitpunkt von ca. 20.000 Menschen unter katastrophalen Zuständen bewohnt wurde, in Flammen. Nach dem Feuer wurde es schnell still um die aktuelle EU-Flüchtlingspolitik. An der Situation der Geflüchteten hat sich jedoch kaum etwas geändert. Die Podiumsdiskussion befasst sich mit der Lage an den EU-Außengrenzen, politischen Tendenzen innerhalb der europäischen Asylpolitik sowie Möglichkeiten, aktiv zu werden.

  • Samstag, 30. Januar 2021, 14–16 Uhr
    „Aktuelle Tendenzen in der EU-Flüchtlingspolitik: Standpunkte, Analysen, Perspektiven“

    Podiumsdiskussion mit Péguy Takou Ndie (Autor und Aktivist), Axel Steier (Mission Lifeline e.V.), Petra Čagalj Sejdi (Bündnis 90/Die Grünen) und Nikolaus von Peter (EU-Kommission Berlin)

    moderiert von Dr. Sarah Ruth Sippel (Universität Leipzig)

Empowerment

BIPoC-Jugendliche und junge Erwachsene erleben in ihrem Alltag vielfältige Formen von Diskriminierungen, die sie in ihrer Identität, ihrem schulischen wie beruflichen Werdegang sowie in ihrer Teilhabe an politischen Diskursen maßgeblich beeinflussen. Gleichzeitig gibt es wenige Räume, in denen sie die alltäglichen Diskriminierungserfahrungen thematisieren können. Debatten um Identität, Zuschreibungen, Selbstbezeichnungen, eigene Grenzen und Selbstermächtigung sind im öffentlichen Diskurs jedoch omnipräsent. Daher bieten wir zwei Empowerment-Workshops an, um einen Diskussionsraum für offene Fragen zu schaffen.

  • Samstag, 16. Januar 2021, 14–17 Uhr
    „Empowerment-Workshop für Jugendliche von 13 bis 17 Jahren“
    mit Ely Almeida und Cima-Nadja Samadi
  • Mittwoch, 20. Januar 2021, 15–19 Uhr
    „Empowerment-Workshop für BIPoC von 18 bis 25 Jahren“

    mit Ely Almeida und Cima-Nadja Samadi

Die drei- bzw. vierstündigen Workshops haben zum Ziel, einen „safer space“ für junge Menschen mit Rassismuserfahrung zu gestalten. In Begleitung von zwei erfahrenen Trainerinnen könnt Ihr Euch hier über Diskriminierungserfahrungen austauschen, Wissen sammeln und Euch gegenseitig in Eurer Handlungsfähigkeit unterstützen. Ihr könnt Euch aktiv in die Ausgestaltung des Workshops einbringen und Eure Anliegen platzieren.